
Wenn uns Covid eins gelehrt hat, dann, dass Blaise Pascal im 17. Jahrhundert schon den Kern unseres heutigen Wesens erkannt hat:
“All of humanity's problems stem from man's inability to sit quietly in a room alone.”
Zu Hause. Alleine. Keine Reisen, keine Restaurant Besuche, keine sozialen Kontakte und wenig externe Impulse. Das hat eine Großzahl der Mensch im letzten Jahr an die persönliche Grenze gebracht. Warum eigentlich?
Eskapismus. Die Flucht aus eben dieser Unannehmlichkeit. Die Möglichkeit, dem zu entfliehen und Rückzug in gewohnten Gewässern zu zelebrieren.
Häufig wird als Realitäts- und Wirklichkeitsflucht vorwiegend in unserer Gesellschaft der Konsum von berauschenden Mitteln in extremer Intensität erkannt. Doch da ist so viel mehr.
Hast du dich bei folgenden Sätzen schon einmal erwischt?
"Endlich Wochende. Freitag Abend, Laptop zu und einfach raus, mit Freunden auf einen (oder zwei, oder drei?) Wein treffen, die harte Arbeitswoche vergessen und abschalten."
"Urlaubsreif. Strand, Sonne, raus. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, ich muss hier weg."
"Ich brauche meinen Sport, zum Abschalten, zum runter kommen, um die Probleme zu vergessen."
"Die Wanne am Abend hilft mir, die Last des Alltags besser tragen zu können."
"Was für ein Tag. Die Tafel Schokolade habe ich mir aber wirklich verdient."
"Raus, tanzen, die Wirklichkeit für einen Abend bei Seite legen."
"Nur kurz ein bisschen auf Instagram scrollen, seichtes Entertainment zum Abend hin."
"Abends möchte ich mich nur noch von Netflix berieseln lassen. Fernseher einschalten, Gedanken abschalten."
Wir könnten wetten, dass dir die eine oder andere Aussage bekannt vorkommt. Uns auch, keine Sorge. Vielleicht kommt dir Selfcare sogar beim ersten Lesen als erste Assoziation in den Sinn. Das ist auch nicht falsch, viele dieser Mechanismen können verwendet werden, um sich selbst eine schöne, positive Zeit zu gestalten.
Das Schwierige: Wir nutzen sie mindestens genauso häufig, um Probleme auszuschalten, stumm zu schalten, zu betäuben. Wir entfliehen damit unangenehmen Situationen, statt ihnen zu begegnen und vielleicht sogar nach Lösungen zu suchen.
Warum war die Woche so schrecklich? Solltest du vielleicht dein Lebensmodell überdenken, wenn du jeden Freitag Abend Montag bis Donnerstag vergessen möchtest?
Schokolade ist Genuss, wie kommst du zu der Einstellung, dass du dir etwas solches 'verdienen' musst?
Vor welchem Thema versteckst du dich, warum möchtest du Abends einfach nicht mehr nachdenken?
Sich seiner Selbst zu stellen kann hart sein. Für uns war die Erkenntnis bahnbrechend, dass wir häufig Selbstliebe als Ausrede verwenden, um vor kniffligen Momenten zu fliehen. Man denke nur an all die tollen Reisen, die man unternommen hat - die ein oder andere ganz sicher, um Kulturen kennen zu lernen, den Horizont zu erweitern und Genuss zu zelebrieren. Dann sind da aber auch jene, mit denen man ein einsames Wochenende füllen wollte, den Ex vergessen, oder sich einfach vom Stress in der Arbeit erholen wollte.
Gefühle zu spüren ist dennoch wichtig. In unserer Gesellschaft wird ein Bild vermittelt, in welchem wir positive Emotionen wertschätzen und negative Empfindungen tunlichst umgehen sollten. Das ist quatsch! E-Motion, Energy in motion - Energie in Bewegung. Man kann selbige nicht stoppen, die Bewegung höchstens wie Wasser mit einem Damm zurück halten. Das kann lange funktionieren, bis die Dämme brechen (sprichwörtlich das Meer aus Tränen folgt.)
"Numbness is not the absence of feelings, it is being overwhelmed by too many feelings." (Lori Gottlieb)
Beobachte doch in den folgenden Tagen deine Gewohnheiten, deine Strategien, die du entwickelt hast, mit denen du unangenehme Situationen umgehst.
Wir versprechen dir: Du wirst staunen, wie häufig du dachtest, du tätest dir einen Gefallen, in Wahrheit aber den eigenen Weg versperrt hast.